Zeit, Raum und die Vermessung der Welt – Neues aus der Geodäsie

29.02.2024 von Gerd Kräutlein und Ulrich Fisher

Eine Luftaufnahme von Potsdam. Die Gebäude haben magentafarbige Akzente die Telekom Leitungen suggerieren.

Präzision über Zeit und Raum: Clock Metrology und die Vermessung unserer Welt

Wir leben in einer Welt, die immer genauer gemessen und verstanden werden will. In jedem Augenblick erzeugen wir gigantische Mengen an Daten und Informationen, von denen jede einzelne unseren Blick auf die Welt verändern kann. Eine der Wissenschaften, die sich mit dieser genauen Vermessung unserer Welt befasst, ist die Geodäsie. 

Heute werfen wir einen Blick auf eine Gruppe von Wissenschaftlern, die an der Spitze dieser Bemühungen stehen, und zwar die Forschungsgruppe "Clock Metrology" der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Ein Teilnehmer ist das Geoforschungszentrum (GFZ) in Potsdam - das nationale Forschungszentrum für Geowissenschaften in Deutschland. Weitere sind die Physikalisch -Technische Bundesanstalt Braunschweig (PTB) und die Technische Universität München (TUM).

Was machen diese Wissenschaftler genau? In der einfachen Form geht es darum, die Erde so präzise wie möglich zu vermessen. Aber es geht nicht nur um einfache Vermessung. Es geht darum, wie sich die Erde verändert - zum Beispiel durch das Ansteigen des Meeresspiegels oder durch die Bewegungen der Kontinentalplatten. Um diese Prozesse genau zu berechnen, brauchen wir sogenannte geodätische Referenzsysteme. Diese sind wie ein unsichtbares Raster, das sich über die gesamte Erde erstreckt und uns hilft, genaue Messungen vorzunehmen.

Optical Time Transfer zur widerspruchsfreien Messung

Ein zentraler Aspekt dieser Messungen ist die Zeit. Stellen Sie sich vor, Sie messen die Distanz zwischen zwei Punkten mit Lichtsignalen. Sie würden eine Linie von Punkt A zu Punkt B ziehen und dann die Länge dieser Linie messen. Da die Lichtgeschwindigkeit bekannt ist, brauchen Sie dazu eine extrem genaue Uhr. Und wenn Punkt B sich bewegt? Dann müssen Sie auch diese extra Zeit berücksichtigen, die es dauert, bis Sie von Punkt A zu Punkt B kommen. Dies ist ein sehr vereinfachtes Beispiel, aber es zeigt, wie wichtig die Zeit für genaue Messungen ist.

Das GFZ erbringt auf wissenschaftlicher Basis die Vermessung und Abbildung der Erde mit höchster Präzision. Durch die Optical Time Transfer – Lösung von Telekom (OTT) erhält das GFZ in Potsdam dieses erforderliche Zeitsignal von der Atomuhr in Braunschweig über eine 230 km lange optische Übertragungsstrecke inklusive Laufzeitkompensation. 
„Damit wird beim GFZ eine Genauigkeit erreicht, die es so bisher noch nicht gab“ so Herr Prof. Dr. Karl Ulrich Schreiber der Technischen Universität München -Institut für Astronomische und Physikalische Geodäsie und Projektleiter der Forschungsgruppe „Clock Metrology“.

Bisher waren die Methoden zur Synchronisierung der Zeit zwischen verschiedenen Messpunkten nicht perfekt. Es gab immer systematische Messfehler, die das Gesamtbild beeinträchtigten. Die Forschungsgruppe „Clock Metrology" hat eine Lösung für dieses Problem gefunden. Sie haben die Zeit als neue "Observable" - also als etwas, das gemessen und beobachtet werden kann - identifiziert und nutzen optische Uhren und spezielle Kompensationstechniken zur Verteilung von Zeit und Frequenz, um eine kohärente, also widerspruchsfreie Zeitbasis zu schaffen.

Stabile Zeitübertragung im Telekom-Netz per OTT-ELSTAB

Für diese Forschungsarbeiten hat die Deutsche Telekom den Auftrag bekommen eine neue  Übertragungsstrecke aufzubauen. Die dafür notwendige spezielle Übertragungstechnik OTT-ELSTAB (Optical Time Transfer, ELectronically STabilized) ist im Netz der Telekom seit 4 Jahren im Einsatz und wird nun erstmalig bei einem Kundenprojekt eingesetzt. Diese Übertragungsstrecke kann eine Zeitinformation und eine Frequenz mit einer Genauigkeit übertragen, die es so bisher nicht gab. Die Zeitinformation wird dabei über eine 230 km lange Glasfaserstrecke übertragen. Aufgrund der geforderten Genauigkeit müssen sämtlichen bekannten negativen Einflussfaktoren kompensiert werden. Dies sind zum Beispiel die Laufzeit des Lichts durch die Glasfaser, die Temperaturveränderung der Glasfaser im Erdboden, der sogenannte Sagnac Effect und die chromatische Dispersion.

Durch den Einsatz spezieller Hard- und Software werden all diese negativen Einflussfaktoren kompensiert. Die Spezialisten der Telekom erreichen damit eine größtmögliche Genauigkeit. Das übertragene Signal weicht nur um wenige Pikosekunden (1 ps = 10-12 s = der Billionste Teil einer Sekunde) von der originalen Uhrzeit in Braunschweig ab. Die große Herausforderung dabei ist, diese Genauigkeit in der Übertragung nicht nur für eine kurze Zeit aufrecht zu erhalten, sondern diese Qualität über mehrere Monate oder Jahre einzuhalten.
 




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Gerd Kräutlein und Ulrich Fisher

Solution Sales Experte für Enterprise Network Services / Account-Manager Forschung & Lehre in Bayern und Baden-Württemberg Deutschen Telekom Geschäftskunden GmbH

Ulrich Fisher
Sales-Experte für universitäre Einrichtungen und Institute mit mehr als 20 Jahren Erfahrung in der Vermarktung und dem Einsatz unterschiedlichster Infrastrukturlösungen und Cloud-Dienste.
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Gerd Kräutlein
Als verantwortlicher Netzwerkexperte steuere ich die Entwicklung und Implementierung von Netzwerklösungen und Techniken zur Verteilung von Zeit und Frequenz. Als Netzwerkspezialist erarbeite ich seit mehr als 20 Jahren Lösungen für unsere Kunden.