Die Zukunft des Serviceangebots in der öffentlichen Verwaltung

24.09.2024 von Fabian Horbach

Die öffentliche Verwaltung steht vor einer grundlegenden Transformation, um den Anforderungen der Bürgerinnen und Bürger gerecht zu werden. Mit fortschreitender Digitalisierung erwarten Bürgerinnen und Bürger einen einfachen, personalisierten und gut erreichbaren Service – ähnlich dem, was sie aus der Privatwirtschaft gewohnt sind. Dieser Anspruch stellt die Verwaltung vor Herausforderungen, da der Serviceaspekt mit der Verlagerung von Verwaltungsleistungen aus dem persönlichen Kontaktumfeld der Bürgerämter in den digitalen Raum oft noch zu kurz kommt.
 

Die Service-Lücke in der öffentlichen Verwaltung

In den letzten Jahren hat sich das Angebot der öffentlichen Verwaltung zunehmend in den digitalen Raum verlagert. Doch während viele Dienstleistungen nun online verfügbar sind, wurde der Serviceaspekt oft nicht mitgedacht. Bürgerinnen und Bürger stehen häufig vor Fragen wie „Was muss ich beantragen?“ oder „Wo finde ich die richtigen Informationen?“ Ein zentrales Problem bleibt die mangelnde Benutzerfreundlichkeit vieler Onlinedienste, die trotz der Anforderungen des OZG-Servicestandards nicht immer selbsterklärend sind. 

Unabhängig davon, ob es sich um eine Großstadt oder eine kleine Gemeinde handelt, der Bedarf an Unterstützung der Bürgerinnen und Bürger im Umgang mit Verwaltungsdienstleistungen ist nach wie vor hoch. Ein effizienter und nutzerfreundlicher Service wird daher zur Grundvoraussetzung für die Akzeptanz der zunehmenden Digitalisierung der Verwaltung durch die Bürgerinnen und Bürger.


Bürgerinnen und Bürger erwarten schnellen und personalisierten Service

Die Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger haben sich drastisch verändert. Heute erwarten sie von der Verwaltung, ähnlich agil und serviceorientiert wie private Unternehmen zu agieren. Sie wünschen sich ultraschnellen, personalisierten Service, der rund um die Uhr in allen Kanälen – von Chat über Telefon bis hin zu sozialen Medien – verfügbar ist. Dieses Serviceerlebnis wird auf Basis der Erfahrungen mit privaten Unternehmen zunehmend als selbstverständlich erachtet. Dabei wird oft vergessen, dass die Verwaltung anderen Grundvoraussetzungen unterliegt. Für die Verwaltung sollte es nicht darum gehen, den gleichen Service wie private Unternehmen anzubieten. Vielmehr liegt die Verantwortung darin, einen angemessenen Service zu bieten, der wirtschaftlich ist und gleichzeitig die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger erfüllt. Im Gegensatz zu privatwirtschaftlichen Unternehmen muss sich die öffentliche Verwaltung nicht im Wettbewerb mit Konkurrenzunternehmen behaupten. Dennoch muss der Service so gestaltet sein, dass er den Bürgerinnen und Bürgern ermöglicht, ihre Anliegen effizient und ohne Hindernisse zu erledigen. Somit muss auch die Verwaltung in ihre Kunden- bzw. Bürger*innenbeziehung investieren, um gesellschaftliche Akzeptanz zu erhalten und Nähe zu realisieren. 


Zentrales vs. dezentrales Serviceangebot

Um den Föderalismus zu berücksichtigen und den vielfältigen Anforderungen gerecht zu werden, muss das Serviceangebot der Verwaltung über verschiedene Ebenen verteilt werden. Eine Möglichkeit, dies zu erreichen, ist die Kombination aus zentralem und dezentralem Serviceansatz. 

  • Zentrales Serviceangebot: Hierbei fungiert eine zentrale Ansprechperson als erste Anlaufstelle für allgemeine Anfragen aus ganz Deutschland. Dieses Angebot dient als zentrale Auskunftsstelle für Verwaltungsdienstleistungen und leitet spezifische Anliegen weiter. Ein solches zentrales Serviceangebot kann auch als Störungshotline fungieren und Servicetickets für technische Probleme erfassen. Gewisse Teile dieses Angebots werden heute bereits über die Behördenrufnummer 115 angeboten. Deren Serviceangebot ist jedoch noch nicht flächendeckend in ganz Deutschland verfügbar und entspricht auch noch keinem „First Level Support“ für alle Anliegen. 
  • Dezentrales Serviceangebot: Die Bearbeitung spezieller Anfragen und Verfahrensauskünfte erfolgt durch die Fachseiten und die zuständigen Sachbearbeitenden. Hier wird ein direkter Service auf regionaler oder fachlicher Ebene angeboten, um spezifische Anliegen zu bearbeiten. Dabei sollte das dezentrale Serviceangebot in aller Regel nicht als erste Anlaufstelle fungieren, sondern der zentrale Service nimmt alle Anfragen entgegen und leitet nur im Bedarfsfall zu den Fachseiten weiter. So kann eine echte Entlastung der Fachseiten realisiert werden.  


Kernaspekte des Service in der öffentlichen Verwaltung

Die Verwaltung hat die Chance, durch den Einsatz moderner Technologien erhebliche Effizienzgewinne zu erzielen. Zentrale und einheitliche Serviceangebote bieten nicht nur Vorteile in Bezug auf Kostenreduktion, sondern verhindern auch die Verwirrung der Bürgerinnen und Bürger durch unterschiedliche Layouts und Inhalte. 

Ein zentraler Aspekt ist die Auffindbarkeit und Erreichbarkeit der Services. Bürgerinnen und Bürger müssen zu jeder Zeit wissen, wo sie ihre Anliegen selbstständig lösen können. Eine zentrale Plattform, die jederzeit erreichbar ist und relevante Informationen in nutzerfreundlicher Form bereitstellt, ist essenziell. 

Besondere Aufmerksamkeit verdient die Nutzerfreundlichkeit. Chatbots, KI-gestützte Suchfunktionen und intelligente Vorschläge können die Benutzerfreundlichkeit deutlich verbessern und helfen, den Verwaltungsservice so effizient und zugänglich wie möglich zu gestalten. Diese technischen Lösungen tragen nicht nur dazu bei, die Servicequalität für die Bürgerinnen und Bürger zu steigern, sondern entlasten auch die Verwaltungsmitarbeitenden in erheblichem Maße. 


Innovative Lösungen: Contact Center, Antragssuche und Self-Service

Zur Verbesserung des Serviceangebots in der öffentlichen Verwaltung bieten sich verschiedene innovative Ansätze an. Ein zentraler Baustein sind moderne Contact Center, die intelligentes Routing nutzen, um Anfragen effizient zu den richtigen Ansprechpartnern zu leiten. Mithilfe von KI-basierten Systemen können Anliegen erkannt und in Echtzeit an die zuständigen Mitarbeiter weitergeleitet werden. 

Ein weiteres Beispiel ist die KI-basierte Antragssuche im Rahmen des Onlinezugangsgesetzes (OZG). Hier können Chatbots Bürgerinnern und Bürger durch den „Dschungel“ der OZG-Leistungen leiten und die passenden Anträge für sie finden. Diese dialogbasierte Suche ermöglicht es Bürgerinnen und Bürgern, ihre Anliegen auf einfache Weise zu formulieren und direkt die benötigten Informationen oder Antragsformulare zu erhalten. 

Auch Self-Service-Chatbots spielen eine zentrale Rolle in der Transformation der öffentlichen Verwaltung. Diese Chatbots können einen Großteil der allgemeinen Informationsanfragen automatisiert beantworten, basierend auf den bereits vorhandenen Daten und Informationen. Durch die Nutzung von KI und natürlichen Sprachverarbeitungssystemen wird der Zugang zu komplexen Verwaltungsinformationen für Bürgerinnen und Bürger stark vereinfacht. 


Fazit: Transformation des Dienstleistungsangebots nützt Bürgerinnen, Bürgern und Verwaltungsmitarbeitenden

Die Transformation des Dienstleistungsangebots in der öffentlichen Verwaltung bringt sowohl für die Bürgerinnen und Bürger als auch für die Verwaltungsmitarbeitenden Vorteile. Durch die Einführung effizienter Self-Service-Angebote werden nicht nur die Fachbereiche entlastet und damit Ressourcen und Zeit eingespart. Die Verwaltung wird insgesamt besser in der Lage sein, den steigenden Anforderungen gerecht zu werden und für eine höhere Qualität der Anliegen zu sorgen. Innovative Technologien wie KI, Chatbots und zentrale Serviceplattformen helfen dabei, Verwaltungsdienstleistungen zukunftsfähig zu gestalten und den Bürgerinnen und Bürgern eine moderne, digitale Verwaltung zu bieten.





Ein Portrait Foto von Marco Doth
Fabian Horbach

Detecon, Senior Manager für Management- und IT-Beratung im öffentlichen Sektor

Als Experte für „Digitale Verwaltung“ berät er Kunden zur Digitalisierung des Serviceangebots mit innovativen Lösungen ebenso wie zur Umsetzung des OZG. Zu seinen Kunden zählen vor allem die Ministerien und Behörden der Bundes- und Landesverwaltung sowie privatwirtschaftliche Unternehmen mit öffentlichen Aufgaben. Kontaktieren Sie Herrn Horbach auch gerne über seine Kontaktseite.