Blog Serie Erfolgsfaktoren zur Verwaltungsdigitalisierung
Teil 1 (von 3)

10.04.2024 von Jürgen Breithaupt

Ende-zu-Ende Architekturen und CI/CD Pipelines sind die Basis für eine erfolgreiche Verwaltungsdigitalisierung

Die Geschwindigkeit der Verwaltungsdigitalisierung in Deutschland kommt nicht aus der Kritik. Die Positionierung Deutschlands im internationalen Ranking macht kaum Fortschritte und die Zielverfehlungen des OZG 1.0 sowie die Ablehnung des OZG 2.0 im Bundesrat am 22.03.2024 trüben die Stimmung. Dennoch waren die operativ handelnden Organisationen und Personen in den letzten Jahren nicht untätig. Viele gute Rahmenbedingungen, Weichenstellungen und Projekterfolge konnten erreicht werden. In der dreiteiligen Blogserie stellt Jürgen Breithaupt insgesamt sechs Erfolgsfaktoren vor, auf deren Basis die Deutsche Telekom in Praxisprojekten die Verwaltungsdigitalisierung in Deutschland bereits entscheidend voranbringt und die ein hohes Beschleunigungspotenzial haben. 

Eine zentrale Erkenntnis hat sich in den letzten Jahren der Realisierung von OZG 1.0 besonders herauskristallisiert. Sie lautet, dass eine erfolgreiche Verwaltungsdigitalisierung erst dann erreicht ist, wenn die Daten ohne Medienbrüche vom elektronischen Antragsformular bis in das Fachverfahren gelangen. Man spricht in diesem Zusammenhang von Ende-zu-Ende  Prozessen bzw. Datenflüssen. Natürlich sind dabei beide Richtungen zu betrachten, also vom Bürger/Unternehmen zur Verwaltung und von der Verwaltung zum Bürger/Unternehmen. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltungen intensiv in die medienbruchfreien, elektronisch unterstützten Prozesse eingebunden werden. Um all diesen Anforderungen gerecht zu werden, bedarf es auf der technischen Seite einer so genannten Ende-zu-Ende Architektur, die alle relevanten IT-Komponenten prozessgeleitet einbindet und über standardisierte Schnittstellen miteinander verbindet. 


Erfolgsfaktor 1: Aufbau einer "Ende-zu-Ende" Architektur

Wie beim Hausbau sollte auch bei der Verwaltungsdigitalisierung ein sorgfältig ausgearbeiteter und geprüfter Bauplan erstellt werden. Dieser „Bauplan“ beschreibt alle Komponenten, die im Zusammenspiel zu durchgängigen elektronischen Ende-zu-Ende Prozessen ohne Medienbrüche führen, also Frontend- und Backend-Bereiche miteinander verbinden. Entscheidend ist dabei, dass nicht direkt auf der Produktebene (Hard-/Softwareprodukt) gedacht wird, sondern eine Abstraktionsebene höher, nämlich auf der Funktionsebene, angesetzt wird. Im schnelllebigen IT-Markt können so auch über Jahre hinweg unterschiedliche Hard- und Softwareprodukte zum Einsatz kommen und die Verwaltung begibt sich im Sinne der Souveränität nicht in die Hände einzelner Hersteller. Entscheidend für die Souveränität ist auch, dass die Funktionsblöcke nicht zu groß und monolithisch gedacht bzw. geschnitten werden. Gerade die großen Hersteller versprechen, alle notwendigen Funktionen in einer großen „Software-Suite“ bereitzustellen. Vor dem Hintergrund der Souveränität/Austauschbarkeit einzelner Komponenten, der Auswahl der bestmöglichen Komponenten für einzelne Funktionen sowie dem Einsatz von Open Source Software sollte hier immer eine Abwägung erfolgen. 

Eine Ende-zu-Ende Architektur sollte immer den prozessualen, fachlichen Anforderungen der Verwaltung folgen. Es muss also eine Brücke von der Geschäfts- und IT-Strategie zur IT-Architektur geschlagen werden. Hierzu bietet sich insbesondere die Methode „The Open Group Architecture Framework“ (TOGAF®) an. Mit Hilfe dieses Ansatzes können die Anforderungen der Fachbereiche mit den IT-Bereichen in gemeinsamen Planungsprozessen diskutiert, dokumentiert und kontinuierlich weiterentwickelt werden. Die Telekom-Tochter DETECON Consulting GmbH unterstützt die Verwaltung beim Aufbau und der Weiterentwicklung von Ende-zu-Ende-Architekturen auf Basis des TOGAF®-Standards. 

Mit dem Public Innovation Lab  hat die Deutsche Telekom eine praxiserprobte Blaupause einer Ende-zu-End Architektur für die Verwaltung geschaffen. Mit dem direkt einsetzbaren Public Innovation Lab können digitale Verwaltungsprozesse schnell und unkompliziert getestet und simuliert werden. Das Lab besteht aus einer Best-Practice-Auswahl technischer Komponenten zur Umsetzung der Front- und Backend-Integration. 

Eine zentrale Komponente innerhalb der Ende-zu-Ende Architektur sind und werden auch in Zukunft die verwaltungsspezifischen Fachverfahren sein. Die unterschiedlichen Aufgabenstellungen einzelner Verwaltungsbereiche sind teilweise so speziell und nicht mit anderen Verwaltungsbereichen vergleichbar, dass es notwendig und sinnvoll ist, für diese Bereiche auf passgenaue, auf die besonderen rechtlichen Anforderungen/Rahmenbedingungen ausgerichtete Software zu setzen. Diese Software wird in vielen Fällen nicht als Standardsoftware am Markt verfügbar sein, sondern muss als sogenannte Individualsoftware speziell entwickelt werden. Vor diesem Hintergrund sind in den letzten Jahrzehnten eine Vielzahl verwaltungsspezifischer Individualsoftware-Systeme entstanden. Diese haben Vor- und Nachteile. Vorteile sind sicherlich die sehr passgenaue Abdeckung der fachlichen Anforderungen und die Unabhängigkeit von Standardsoftwareherstellern. Nachteile sind dagegen die über den Lebenszyklus der Software immer höher werdenden Kosten, die Abhängigkeit vom Entwicklungspartner und die „Entkopplung“ vom technischen Fortschritt und damit die sukzessive Veralterung der Software. Eines der größten Probleme in der Praxis ist, dass die Release-Zyklen der Individualsoftware meist sehr lang sind und technisch und fachlich notwendige Updates viel zu spät bei den Nutzern ankommen. Damit verbunden sind auch wachsende Risiken im Bereich der IT-Sicherheit. 

Abhilfe können hier moderne Softwarearchitekturen schaffen, die auf der so genannten Container-Technologie bzw. auf einer so genannten Microservice-Architektur basieren sowie Technologien und Methoden, die die Verzahnung des Anwendungs-/Softwareentwicklungsprozesses (Dev - Development) mit dem Softwarebetrieb (Ops - Operations) verbinden.


Erfolgsfaktor 2: Etablierung einer modernen Software-Entwicklungspipeline

Auch wenn viele der in der Verwaltung benötigten Funktionen durch Standardsoftware oder auch durch den Einsatz von Low-Code-Plattformen bereitgestellt werden können (vgl. Erfolgsfaktor 3 im nächsten Blog), verbleiben viele Bereiche, in denen vor dem Hintergrund der verwaltungsspezifischen Anforderungen auch zukünftig Individualsoftware (insbesondere Fachverfahren) für die Verwaltung entwickelt, betrieben und gewartet werden muss. Dabei stand und steht die Verwaltung vor der Herausforderung, die Kosten über den gesamten Lebenszyklus unter Kontrolle zu halten, sich nicht von Entwicklungspartnern abhängig zu machen und die Anwendungen am dynamischen Innovationszyklus der IT teilhaben zu lassen. Um all diese Ziele erfolgreich zu erreichen, ist die Verwaltung gut beraten, sich an den Strategien und Werkzeugen der IT-Industrie zu orientieren. Mit dem Aufbau von sogenannter CI/CD-Pipelines (Continuous Integration/Continuous Delivery) ist es der IT-Industrie gelungen, die Release-Zyklen ihrer Software massiv zu erhöhen (mehrere Releases pro Tag statt zwei pro Jahr) und damit eine sehr enge Verzahnung zwischen Entwicklung und Betrieb (DevOps) zu schaffen. Darüber hinaus gewinnt man mit CI/CD-Pipelines auch eine Unabhängigkeit (Souveränität) hinsichtlich der zu verwendenden Betriebsplattformen, da die am Ende der Pipeline ausgelieferte Software in sogenannten Containern erfolgt, die mittels „Container-Engines“ auf unterschiedlichen Betriebssystemen und Hardware lauffähig sind. 

Mit “DevOps-as-a-Service” hat die Telekom-Tochter T-Systems ein Standardangebot etabliert, das es der öffentlichen Verwaltung ermöglicht, für ihre modernen Softwareentwicklungsprojekte eine sofort einsetzbare CI/CD-Toolchain zu nutzen. Diese deckt den gesamten DevOps-Zyklus von Define bis Learn ab. So kann sich das Softwareentwicklungsprojekt auf sein „Kerngeschäft“, die fachlich orientierte Entwicklung, konzentrieren, da der Betrieb der Tools und der Umgebung von T-Systems übernommen wird. Die auf der Open Telekom Cloud (OTC) basierte Toolchain ermöglicht eine globale Zusammenarbeit über Verwaltungsgrenzen hinweg. Sie ist für containerbasierte Softwareentwicklung optimiert und ermöglicht die Wahl der Zielumgebung für die entstehenden Workloads. 

Die DevOps-as-a-Service Toolchain wird bereits in einer Reihe von Softwareentwicklungsprojekten in der öffentlichen Verwaltung eingesetzt. So hat sich beispielsweise die deutsche Justiz im Rahmen des länderübergreifenden Projekts zur Entwicklung eines gemeinsamen Fachverfahrens „GeFa“ für den Einsatz entschieden.


Die zweite Folge des dreiteiligen Blogs „Erfolgsfaktoren zur Verwaltungsdigitalisierung“ stellt den Erfolgsfaktor 3: „Low-Code-Plattformen einführen“ und den Erfolgsfaktor 4: „Agile Vorgehensmodelle einführen“ vor. Diese beiden Erfolgsfaktoren zeigen moderne Systeme und Vorgehensmodelle auf, um die Digitalisierung schneller und flexibler voranzubringen und von der Innovationskraft der IT-Wirtschaft zu profitieren.“




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Jürgen Breithaupt

Kompetenzzentrum IT, Deutsche Telekom

Die Position Deutschlands im internationalen, globalen Wettbewerb hängt maßgeblich vom Digitalisierungsgrad unserer gesamten Gesellschaft ab. Die öffentliche Verwaltung bildet das Rückgrat unseres Staates. Nur wenn sie im Bereich Innovation und Digitalisierung Schritt hält, können wir als Staat auch konkurrenzfähig bleiben. Bei dieser spannenden und herausfordernden Aufgabe aktiv mitzuwirken, spornt mich jeden Tag aufs Neue an.