Vom Onlinezugangsgesetz zum Verwaltungszukunftsgesetz
27.04.2022von
Jürgen Breithaupt
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Positionspapier des Bitkom
Im April 2022 veröffentlichte der Verband der deutschen Informations- und Telekommunikationsbranche Bitkom e. V. ein richtungsweisendes Positionspapier zur Zukunft des Onlinezugangsgesetzes (OZG). Das Positionspapier stammt aus der Feder des Bitkom Arbeitskreises (AK) Digitale Verwaltung, welcher sich für eine flächendeckende Digitalisierung und Modernisierung der öffentlichen Verwaltung in Bund, Ländern und Kommunen einsetzt. Dabei hat der Arbeitskreis sowohl die Vorteile für die Verwaltung als auch den Nutzen für Bürger und Unternehmen im Blick, die Dienstleistungen der öffentlichen Hand in Anspruch nehmen. Die Deutsche Telekom ist mit ihrem Kompetenzzentrum IT aktives Mitglied des AK Digitale Verwaltung und Mitautor des Positionspapieres.
Die Motivation zur Erstellung des Positionspapieres basiert auf der Tatsache, dass im aktuellen Jahr 2022 das im Jahr 2017 verabschiedete OZG ausläuft bzw. die mit dem Gesetz selbst gesteckten Ziele der öffentlichen Verwaltung eigentlich erreicht werden sollten.
In § 1 des Onlinezugangsgesetzes sind die zwei zentralen Ziele nämlich eindeutig wie folgt formuliert:
„(1) Bund und Länder sind verpflichtet, bis spätestens zum Ablauf des fünften auf die Verkündung dieses Gesetzes folgenden Kalenderjahres ihre Verwaltungsleistungen auch elektronisch über Verwaltungsportale anzubieten.
(2) Bund und Länder sind verpflichtet, ihre Verwaltungsportale miteinander zu einem Portalverbund zu verknüpfen.“
(Quelle: § 1, Gesetz zur Verbesserung des Onlinezugangs zu Verwaltungsleistungen (Onlinezugangsgesetz – OZG) vom 14.08.2017: https://www.gesetze-im-internet.de/ozg/OZG.pdf)“
Betrachtet man aber die aktuelle Situation der Digitalisierung der deutschen Verwaltung und insbesondere deren digitale Schnittstelle zu Bürgerinnen und Bürgern sowie Unternehmen, so lässt sich feststellen, dass viele Leistungen des Onlinezugangsgesetzes bislang nur im Bund, in einzelnen Bundesländern, Kommunen oder Organisationen mit öffentlichem Auftrag pilotiert sind, und auch bis Ende 2022 nicht alle OZG-Leistungen flächendeckend bereitgestellt werden können.
Das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) als verantwortliche Bundesbehörde für die Umsetzung des OZG steht gehörig unter Druck. Der jüngste Bericht zum Stand der Verwaltungsdigitalisierung des Bundesrechnungshofes attestiert dem BMI die „Beschönigung des Projektfortschrittes“ und stellt die im OZG-Dashboard vom BMI veröffentlichten Zahlen über die Verfügbarkeit der OZG-konformen (Reifegrad 3) Leistungen in Frage. Unabhängig vom Ausgang der Auseinandersetzung zwischen dem BMI und dem Bundesrechnungshof über die transparente Darstellung des Fortschrittes des Digitalisierungsprogramms steht fest, dass bis zur „Zielmarke“ des OZG „Ende 2022“ noch Einiges zu tun ist und ausreichend Themen für ein OZG-Nachfolgegesetz „übrig“ bleiben werden.
Erfreulicherweise verbleibt auch unter der neuen Regierung die Verantwortung für die OZG-Umsetzung stabil im BMI. Hier hat man jetzt eine Mammut-Aufgabe zu bewältigen. Zum einen müssen noch möglichst viele Verwaltungsleistungen bis Ende 2022 OZG-konform digitalisiert werden, zum anderen muss man sich intensiv darüber Gedanken machen, auf welcher gesetzlichen Grundlage die Verwaltungsdigitalisierung ab dem Jahr 2023 noch schneller und besser vorangebracht werden kann.
Ernst Bürger, Abteilungsleiter für "Digitale Verwaltung, Steuerung OZG" im BMI berichtete anlässlich des Webinars „OZG 2.0 als Folgegesetz - was kommt 2023?“ des Digitalen Staates am 21.03.2022, konkret über den Weg und die Aktivitäten zu einem OZG-Nachfolgegesetz, welches bis Ende 2022 vorliegen soll. So sollen im Rahmen von interdisziplinären Workshops unter Federführung des BMI die Strukturen und Inhalte des neuen Gesetzes erarbeitet werden.
Genau hier setzt das nun vorliegende Positionspapier „Vom Onlinezugangsgesetz zum Verwaltungszukunftsgesetz“ des Bitkom an. Der Bitkom mit seinen Mitgliedern möchte sich mit dem Positionspapier aktiv in die Diskussion zur Erstellung eines OZG-Nachfolgegesetzes einbringen. Hierzu fokussiert das Positionspapier fünf zentrale Handlungsfelder:
Status OZG: zentrale Leistungen priorisieren, Rollout beschleunigen
Digitale Prozesse: von der Front-End- zur Back-End Digitalisierung
Auch bei der OZG-Umsetzung: konsequente Cloudifizierung der Verwaltung
Die Deutsche Telekom unterstützt die im Positionspapier unter diesen Handlungsfeldern ausgearbeiteten Analysen und Empfehlungen.
Insbesondere sollte das Verwaltungszukunftsgesetz aus Sicht der Deutschen Telekom folgende drei Schwerpunkte verfolgen:
Schaffung von nachhaltigen Software- und Betriebsarchitekturen
Moderne und zukunftsfähige Softwarearchitekturen basierend auf Container- und Microservice Technologie bilden die Voraussetzung für einen sicheren und skalierbaren Betrieb in souveränen Verwaltungsclouds. Kombiniert mit agilen Methoden der Softwareentwicklung und der Verzahnung von Entwicklungs- und Betriebsprozessen (DevOps) können OZG-Leistungen schneller verfügbar gemacht und laufend auf dem aktuellen Stand gehalten werden.
Nutzung von leistungsfähigen Plattformen
Die Empfehlungen des Normenkontrollrates (Monitor Digitale Verwaltung – Nr. 5) sollten unbedingt aufgegriffen werden. Er plädiert für den Aufbau von Plattformen und Verbindungsmechanismen (Middleware) und den Einsatz von modularisierten Basis- und parametrisierbarer Fachverfahren sowie der Verwendung von Low-Code-Plattformen.
Aufbau und Nutzung von souveränen Cloud-Infrastrukturen
Die Initiativen zum Aufbau von souveränen Cloud-Infrastrukturen sollten seitens der Verwaltung intensiv begleitet und gefördert werden. Hier sollten alle Formen der Zusammenarbeit von der gemeinsamen Cloud-Strategieentwicklung bis hin zur Praxiserprobung im Rahmen von Proof of Concept oder dem Pilotbetrieb zum Einsatz kommen. Nur im Praxisbetrieb lassen sich die wichtigen Erfahrungen mit neuen Technologien und Betriebsformen sammeln und Bedenken abbauen.
Über die Mitarbeit am Positionspapier des Bitkom hinaus engagiert sich die Deutsche Telekom intensiv im Bereich der Verwaltungsdigitalisierung. So hat sie, ausgehend von umfangreichen Projekterfahrungen insbesondere auf Landesebene (z.B. d-NRW, IT. NRW, BayStMD, HZD, BIT-BW) in den letzten Monaten ein Telekom Public Innovation Labor aufgebaut.
Dieses Reallabor steht nunmehr zur praktischen Verwendung für Telekom Kunden und Partner zur Verfügung. Es bietet die Möglichkeit digitale Verwaltungsprozesse End-zu-Ende inkl. Schnittstellen und Back-End-Integration real zu implementieren und im Rahmen von Proof of Concept bzw. MVPs umzusetzen. So lassen sich OZG-Prozesse bis zum Reifegrad 4 konzipieren und praktisch verproben. Das Telekom Public Innovation Lab bietet sich insbesondere zur technisch/praktischen Begleitung von agilen Projekten an, da es im Kern auf zwei Low-Code-Plattformen aufsetzt, die ein laufendes, projektbegleitendes Prototyping ermöglichen. Das Public Innovation Lab basiert auf einem Ökosystem verschiedener Komponenten bzw. Plattformen, die alle im praktischen Kundeneinsatz sind und zu denen es explizite Referenzen und Know How bei der Deutschen Telekom und ihren Partnern gibt.
Das Public Innovation Lab kann direkt in die agilen Workshops und Labore zur Entwicklung der Gesetzesvorlage für das OZG 2.0/ Verwaltungszukunftsgesetz eingebracht werden. Gesetzesideen können auf diese Weise technisch/praktisch diskutiert und verprobt werden und so der Gesetzestext von vornherein auf die praktische Umsetzbarkeit hin ausgerichtet bzw. optimiert werden.
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